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Die E.ON edis AG plant den Bau einer neuen ca. 40 km langen 110-kVFreileitung vom Umspannwerk Neuenhagen über Prötzel zum Anschluss an die bestehende 110-kV-Freileitung Freienwalde – Letschin. Die Freileitung soll dabei möglichst in unmittelbarer Nähe zu den Windeignungsgebieten geführt werden. Dies bedeutet, dass die Freileitung auch in unmittelbarer Nähe zu Orten wie Altlandsberg, Buchholz, Wegendorf, Wesendahl, Gielsdorf, Prötzel u.v.a. verlaufen wird. (Siehe Karte) Im einem Raumordnungsverfahren werden gerade die Auswirkungen der Planung geprüft.

Trassenkarte

(Quelle: Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg)

Hier finden Sie die offizielle Bekanntmachung der Landesplanung Berlin-Brandenburg.

Am 16.08.2011 erschien auf der Titelseite der MAZ ein Artikel über den Sztromnetzausbau in Brandenburg und damit verbundene Endverbraucherkosten. Dr. Rainer Schneewolf, Leiter der Prignitzer Bürgerinitiative “Hochspannung tief legen”, hat dazu einen Kommentar verfasst:

„Neue Leitungen bedeuten steigende Kosten für den Stromkunden. Ohne eine bundesweite Umlage, für die sich Brandenburg in einer Bundesratsinitiative einsetzen will, würde der Preisanstieg mehr als zwei Cent pro Kilowattstunde betragen. … Auf eine Durchschnittsfamilie könnten zusätzliche Kosten von 150 Euro im Jahr zukommen.“ (2. Absatz des Artikels vom 16.08.2011, MAZ)
1. In Deutschland wird allgemein für den Durchschnittshaushalt ein jährlicher Stromverbrauch von 3.500 kWh angesetzt. Mit diesem Wert wird auch in der Begründung zum „Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze“ gerechnet. Dort heißt es: „… in der Niederspannung angeschlossenen durchschnittlichen Haushaltskunden (3500 kWh/a)“.
Ein Preisanstieg von 2 Cent pro kWh bedeutete bei 3.500 kWh/a Mehrkosten von 0,02 x 3.500 = 70 Euro. Zusätzliche Kosten von 150 Euro im Jahr setzen einen Preisanstieg von 150/3.500 = 4,286 Cent voraus. Wer hat hier wie gerechnet? Und warum?
2. Es ist korrekt, dass die Netzkosten von neuen 110-kV-Leitungen (im Unterschied zu denen von 380-kV-Leitungen) nicht bundesweit umgelegt werden, sondern von den Stromkunden im Netzbereich des jeweiligen Netzbetreibers zu bezahlen sind. Viele neue Leitungen bedeuten entsprechend stärker erhöhte Netzentgelte für Kunden aus entsprechenden Regionen. Das ist in hohem Maße unangemessen und sollte geändert werden. Der Brandenburger Stromkunde kann dem aber mühelos entgehen: Wir haben bei den Ökostrom-Lieferanten „Lichtblick“ und „Naturstrom“ angefragt, wie sie mit den unterschiedlichen Netzentgelten der verschiedenen Regionen gegenüber ihren Kunden umgehen. Antwort: sie zahlen den Netzbetreibern die Netzentgelte für ihre Kunden, legen diese aber betriebsintern bundesweit um, so dass jeder Lichtblick- oder Naturstromkunde bundesweit denselben Tarif zahlt. Da gibt es dann keine Sonderbelastung für Kunden aus Regionen mit starkem Netzausbau. Es ist davon auszugehen, dass das auch bei weiteren Anbietern genauso gehandhabt wird. Aus Gründen des Verbraucherschutzes erscheint es sinnvoll, diese Möglichkeit allgemein bekannt zu machen.
3. Herr Minister Christoffers hat in der Landtagsdebatte am 13.4. in Bezug auf die Kosten neuer Frei- und Erdkabelleitungen für den Endverbraucher gesagt: „Manchmal sollte man die eigenen Rechnungen, die man immer wieder in die politische Debatte einbringt, überprüfen lassen.“ (Plenarprotokoll S. 2776) Er hat aber selbst keine Zahlen genannt.
Sowohl im Vorblatt zum Entwurf des „Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze“ als auch in dessen Begründung wird eine Angabe zur Netzentgelterhöhung gemacht, die auf den deutschen Durchschnittshaushalt zukommt, wenn im Regelfall erdverkabelt wird. Es heißt dort: „Die Kostenfolge auf die Netzentgelte durch die Erhöhung des Mehrkostenfaktors für die Erdverkabelung auf der 110 Kilovolt-Ebene liegt bei ca. 56 Mio Euro bis 2020. Dies entspricht jährlichen Mehrkosten in Höhe von 2,8 Mio. Euro und einer Netzentgeltsteigerung für Haushaltskunden von 0,017 – 0,035 %. Dabei wurden entsprechend der BDEW-Studie zum Netzausbau auf der 110 Kilovolt-Ebene die prognostizierten 350 km bis 2020 zu Grunde gelegt.“
Die 350 km sind natürlich wesentlich zu wenig, aber man kann ja auf beliebige Kilometer hochrechnen. Was heißt das nun erst mal für 350 km? Hier sei statt mit der Spanne 0,017 – 0,035 % mit deren Mittelwert (0,026 %) gerechnet. Lt. BDEW beträgt der Anteil der Netzentgelte für einen Musterhaushalt am Strompreis (24 %). Diese Zahl nennt im Gesetzentwurf auch die Bundesregierung. Wiederum lt. BDEW beträgt der Anteil des Strompreises an der Stromrechnung insgesamt 59 % und die Höhe der Stromrechnung eines Musterhaushalts 69,10 € im Monat. Das heißt: die monatliche Mehrbelastung eines deutschen Musterhaushalts durch 350 km Erdkabel statt Freileitung beträgt 0,00026 x 0,24 x 0,59 x 69,19 = 0,0025461 Euro = 0,25461 Cent. Die jährliche Belastung beträgt demnach 3,05532 Cent.
Ich habe diese Rechnung Herrn Minister Christoffers Mitte Juni gemailt mit der Bitte, sie zu überprüfen, ggf. Fehler anzumerken und die korrekten Zahlen dagegenzusetzen. Der Bitte wurde nicht entsprochen, obwohl die Kostenfrage in der Erdkabel-Diskussion und im Dialog mit dem Bürger ganz zentral ist. Man kann diese Kosten für 350 km jetzt verdrei- oder vervierfachen, um auf Brandenburger Dimensionen zu kommen – sie bleiben vernachlässigbar gering. Und für Industriekunden machen die Netzentgelte lt. Begründung des Gesetzes durch die Bundesregierung nur ca. 12 % des Strompreises (statt 24 % für Haushaltskunden) aus.
Diese Kostenrechnung gilt jedoch nur bei bundesweiter Umlegung, z.B. für Lichtblick- oder Naturstromkunden. Im Netzgebiet der E.ON edis wohnen lt. E.ON edis 2,6 % der Bundesbürger. E.ON edis-Stromkunden, bei denen nicht bundesweit umgelegt wird, müssten demnach u.E. 100/2,6 = 38,46 mal soviel zahlen wie bei bundesweiter Umlegung. Das bedeutet bei 350 km 3,05532 Cent x 38,46 = 117,5 Cent oder 1,175 Euro pro Jahr. Und bei 1.400 Kilometern 4,70 Euro/ a. Zwischen diesen und den 150 Euro des MAZ-Artikels liegen Welten. Es wäre wirklich hilfreich, wenn man uns sagen könnte, wo die Bundesregierung oder wir falsch liegen.
4. Schließlich ist auch zu fragen, woraus der enorme Zuwachsbedarf an neuen Leitungen resultiert. E.ON edis plant gegenwärtig rund 200 km neue Hochspannungsleitungen. Warum nicht seit Langem mehr? Hat sich der Bedarf an Erneuerbaren Energien in Brandenburg gegenüber den bisherigen Prognosen von E.ON edis durch den Atomkraftausstieg vervier-, -fünf- oder –sechsfacht? Wo sollen die dafür erforderlichen Windkraftanlagen alle stehen? An geplanten Höchstspannungsleitungen gibt es die Uckermarkleitung und den Berliner Nordring. Wo ist der Bedarf, da noch mehr zu bauen? Und selbst wenn perspektivisch 1.500 km Hoch- und Höchstspannungsleitungen neu zu bauen wären: in den nächsten Jahren kann es mehr als die jetzt geplanten schon aus verfahrenstechnischen Gründen nicht geben. Sie können also auch nicht bezahlt werden müssen.
Resümee: Die 150 Euro/a sind in unseren Augen nicht haltbar und eher ein politisches Schrecknis, geeignet, eine noch teurere Erdverkabelung abzuweisen. Oder mit den Worten des Gesetzes: „Die zuständige Behörde kann auf Antrag des Vorhabenträgers die Errichtung als Freileitung zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen“. Wird hier eine Argumentation aufgebaut, dass öffentliche Interessen aus Endverbraucherkostengründen einer Erdverkabelung entgegenstehen? Damit – entgegen dem Gesetz – im Regelfall weiter Freileitungen gebaut werden können?
Hier besteht hoher Klärungsbedarf. „Christoffers will nun den Spagat bewältigen, den Netzausbau zu beschleunigen, ohne die Bürgerrechte zu beschneiden.“ Hierzu sollte er das „Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze“ nach Geist und Buchstaben unverzüglich und konsequent in Hochspannungs-Erdkabelleitungen umsetzen.

Dr. Rainer Schneewolf
für die Brandenburger 110-kV-Erdkabel-Initiativen

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Bürger des traditionellen Berliner Naherholungsgebietes, mit dem unverstellten Blick auf die weiten Kulturlandschaften und Landschaftsschutzgebiete, fordern die grundsätzliche Überprüfung der Pläne für die Freileitung Neuenhagen-Letschin.
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